Lassen Sie mich mit vier Worten beginnen, die den Rahmen für die kommende Woche abstecken, vier Worte, die dieses Jahrhundert definieren werden. Sie sind: Die Erde ist voll. Sie ist voll von uns, unseren Produkten. Voll von unserem Müll, voll von unserer Nachfrage. Ja, wir sind eine brillante und kreative Spezies, doch haben wir ein bisschen zu viel produziert – so viel, dass unsere Wirtschaft nun größer ist als ihre Grundlage, unser Planet Erde. www.ted.com
0:44 Das ist nicht eine philosophische Aussage, das ist nur Wissenschaft, auf Physik basierend, auf Chemie und Biologie. Darüber gibt es viele wissenschaftliche Analysen, doch sie alle kommen zum selben Schluss: Wir leben über unser Maß hinaus. Die herausragenden Wissenschaftler des Global Footprint Network etwa haben berechnet, dass wir um die 1,5 Erden benötigen, um unsere Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Mit anderen Worten benötigen wir, um unseren gegenwärtigen Standard zu halten, etwa 50 Prozent mehr Erde als wir haben. In finanzieller Hinsicht wäre es so, als würden Sie ständig 50 % mehr ausgeben als Sie verdienen, und sich so jedes Jahr weiter verschulden. Aber natürlich können wir uns keine Rohstoffe leihen, also verprassen wir unser Kapital, oder stehlen von der Zukunft.
1:36 Wenn ich also sage “voll”, meine ich das wirklich. Wir sind jenseits einer Fehlertoleranz, weit jenseits jedweder Diskussion über Methodik. Das bedeutet, dass unsere Wirtschaft nicht tragbar ist. Ich sage nicht, sie sei nicht schön oder angenehm, oder dass sie schlecht für Eisbären oder Wälder ist, obwohl sie das sicherlich ist. Ich behaupte, dass unsere Herangehensweise einfach nicht tragbar ist. Anders gesagt, dank dieser nervigen physikalischen Gesetze hören Dinge, die nicht tragfähig sind, auf. Sie sagen jetzt vielleicht: “Unmöglich. Wir können mit wirtschaftlichem Wachstum nicht aufhören.” Denn das wird aufhören: Wirtschaftliches Wachstum. Es wird aufhören, weil uns die Ressourcen ausgehen. Es wird aufgrund unserer wachsenden Nachfrage an all den Ressourcen, all der Kapazität, all den Systemen auf der Erde aufhören, die nun wirtschaftlichen Schaden nehmen.
2:31 Wenn wir an ein Anhalten des wirtschaftlichen Wachstums denken, sagen wir: “Das ist nicht möglich”, denn es ist ein so elementarer Bestandteil unserer Gesellschaft, dass es selten in Frage gestellt wird. Zwar hat dieses Wachstum sicherlich zu vielen Vorzügen geführt, doch die Idee ist so grundlegend, dass wir die Möglichkeit einfach nicht begreifen, dass es nicht existiert. Trotz seiner Vorzüge basiert es auf einer verrückten Idee: Nämlich der verrückten Idee, dass wir unendlichen Wachstum auf einem endlichen Planeten haben können. Und hier bin ich und sage Ihnen: Der Kaiser hat ja gar nichts an! Dass diese verrückte Idee genau das ist, sie ist verrückt, und wenn die Erde voll ist, ist das Spiel vorbei.
3:11 Ach Quatsch, denken Sie jetzt. Das ist unmöglich. Die Technologie ist großartig. Die Leute innovativ. Es gibt so viele Wege, wie wir unsere Prozesse verbessern können. Das können wir doch lösen. Das ist alles wahr. Na ja, es ist zum Großteil wahr. Wir sind wirklich großartig, und wir lösen regelmäßig komplexe Probleme mit verblüffender Kreativität. Wenn also unser Problem daraus bestünde, die menschliche Wirtschaft von 150 % auf 100 % der Erdkapazität zu reduzieren, könnten wir das tun. Aber das Problem ist, wir fangen gerade erst mit diesem Wachstum an. Wir wollen diese bereits überlastete Wirtschaft nehmen und sie verdoppeln, und sie dann vervierfachen, nicht irgendwann in der Zukunft, sondern in weniger als 40 Jahren, also innerhalb der Lebensspanne der meisten von Ihnen. China will das schon in 20 Jahren erreicht haben. Das einzige Problem mit diesem Plan ist, dass er unmöglich ist.
4:12 Daraufhin sagen einige Leute, wir brauchen Wachstum, um die Armut zu lösen. Wir brauchen es zum Entwickeln von Technologie. Wir brauchen es zur Wahrung sozialer Stabilität. Dieses Argument finde ich faszinierend, als könnten wir die physikalischen Gesetze ein bisschen biegen, damit sie uns ins Spiel passen. Es ist so, dass die Erde sich nicht darum kümmert, was wir brauchen. Mutter Natur verhandelt nicht, sie stellt nur die Regeln auf und macht die Konsequenzen klar. Und das sind keine esoterischen Grenzen. Es geht hier um Essen und Wasser, um Boden und Klima, die grundlegenden praktischen und wirtschaftlichen Stützen unserer Leben.
4:49 Die Vorstellung also, dass wir uns nahtlos in eine hoch effiziente, solarangetriebene, wissensbasierte Wirtschaft bewegen können, transformiert von Wissenschaft und Technik, damit neun Milliarden Menschen im Jahr 2050 ein Leben des Überflusses und der digitalen Downloads leben können, ist eine Illusion. Es ist nicht so, dass wir keine Nahrung, Kleidung und Behausung haben werden und kein annehmbares Leben führen können. Denn das ist durchaus möglich. Aber die Vorstellung, dass wir mit nur einigen minimalen Zwischenfällen in diese Situation hineinwachsen, ist einfach falsch, und sie ist sogar gefährlich, denn das bedeutet, wir bereiten uns nicht darauf vor, was wirklich passieren wird.
5:28 Denn was passiert, wenn man ein System jenseits seiner Beschränkungen einsetzt, und dann weitermacht, immer weiter beschleunigend, ist, dass das System nicht mehr funktioniert und zusammenbricht. Und das wird uns passieren. Viele von Ihnen denken jetzt wohl: “Aber das können wir doch aufhalten. Wenn es so schlimm ist, reagieren wir darauf.” Denken wir darüber mal nach. Wir haben jetzt 50 Jahre der Warnungen gehabt. Die Wissenschaft hat die Notwendigkeit zum Wandel bewiesen. Wissenschaftliche Analysen haben gezeigt, dass wir es uns nicht nur leisten können, sondern dass es auch billiger ist, früh zu handeln. Und doch ist es in Wirklichkeit so, dass wir im Prinzip rein gar nichts unternommen haben. Wir machen noch nicht einmal langsamer weiter. Zum Beispiel hatten wir letztes Jahr beim Klima die höchsten globalen Emissionen aller Zeiten. Was Essen, Wasser, Boden, Klima betrifft, so gleichen sich die Geschichten sehr.
6:31 Ich sage das nicht voller Verzweiflung. Ich habe schon genug über den Verlust getrauert. Ich akzeptiere, wo wir sind. Es ist traurig, aber es ist so. Aber es ist auch an der Zeit, dass wir unser Leugnen beenden. Und anerkennen, dass wir nichts tun, dass wir nicht einmal ansatzweise etwas tun und auch nichts tun werden, bis die Krise nicht die Wirtschaft erwischt. Und daher ist das Ende des Wachstums die Schlüsselfrage und der Moment, auf den wir uns vorbereiten müssen.
7:02 Wann also beginnt dieser Übergang? Wann beginnt der Zusammenbruch? In meinen Augen ist er schon im Gange. Ich weiß, die meisten Leute sehen das nicht so. Wir schauen uns die Welt an, nicht als das zusammenhängende System, das sie ist, sondern als Abfolge einzelner Vorkommnisse. Wir sehen die Occupy-Bewegungen, die sich verstärkenden Schuldenkrisen, die wachsende Ungleichheit, wir sehen, wie Geld die Politik beeinflusst, wir sehen Ressourcen-Engpässe, Nahrungs- und Ölpreise. Aber wir sehen fälschlicherweise jedes dieser Vorkommnisse als eigenständige Probleme, die gelöst werden müssen. Es ist aber das System, das in einem schmerzhaften Zusammenbruch begriffen ist – unser System des durch Schulden beschleunigten Wirtschaftswachstums, der ineffektiven Demokratie, des Überladens des Planeten Erde, frisst sich selbst lebendig auf.
7:52 Ich könnte Ihnen dies mit zahllosen Studien und Beweisen belegen, doch das werde ich nicht, denn wenn Sie es sehen möchten, sehen Sie die Beweise überall. Ich möchte mit Ihnen über Angst sprechen. Ich möchte das tun, denn in meinen Augen ist die wichtigste offene Frage die, wie wir auf diese Problematik reagieren werden. Die Krise lässt sich nicht verhindern. Die Frage ist also, wie reagieren wir? Natürlich können wir nicht wissen, was passieren wird. Die Zukunft ist naturgemäß ungewiss.
8:28 Doch denken wir einmal darüber nach, welchen Ausgang die Wissenschaft für wahrscheinlich hält. Stellen Sie sich unsere Wirtschaft vor, wenn die CO2-Blase platzt, wenn die Finanzmärkte erkennen, dass, wenn wir die Klimakrise auch nur im Ansatz unter Kontrolle halten wollen, die Öl- und Kohleindustrie vorbei sind. Stellen Sie sich einen Krieg zwischen China, Indien und Pakistan vor, wenn klimatische Auswirkungen zu Konflikten wegen Nahrung und Wasser führen. Stellen Sie sich den Nahen Osten ohne Öleinnahmen vor, aber mit kollabierenden Regierungen. Stellen Sie sich vor, unsere hochangepasste, bedarfssynchrone Nahrungsindustrie und unser extrem belastetes Landwirtschaftssystem versagen und die Regale im Supermarkt leeren sich. Stellen Sie sich 30 Prozent Arbeitslosigkeit in den USA vor, während die globale Wirtschaft von Angst und Unsicherheit gepackt wird.
9:22 Jetzt stellen Sie sich vor, was das für Sie bedeutet, für Ihre Familie, Ihre Freunde, Ihre persönliche finanzielle Sicherheit. Stellen Sie sich vor, was das für Ihre persönliche Sicherheit bedeutet, wenn eine schwer bewaffnete Zivilbevölkerung wütender und wütender wird und fragt, wieso dies alles zugelassen wird. Stellen Sie sich vor, was Sie Ihren Kindern sagen, wenn Sie fragen: “Also 2012, Mama und Papa, wie war das damals, als ihr zum dritten Mal hintereinander das heißeste Jahrzehnt aller Zeiten hattet, als jede wissenschaftliche Institution der Welt sagte, ‘Ihr habt ein Riesenproblem’, als die Ozeane versauerten, als die Öl- und Nahrungsmittelpreise so hoch wie nie waren, als die Aufstände in den Straßen Londons passierten und die Wall Street besetzt wurde? Als das System so eindeutig zusammenbrach, Mama und Papa, was habt ihr da getan, was habt ihr gedacht?”
10:17 Wie fühlen Sie sich also, wenn das Licht der Weltwirtschaft in Ihrem Kopf ausgeht, wenn Ihre Annahmen über die Zukunft verblassen und etwas ganz anderes herauskommt? Nehmen Sie sich einen Moment, atmen Sie ein und denken Sie darüber nach: Was fühlen Sie gerade? Vielleicht Ablehnung. Vielleicht Wut. Vielleicht Angst. Natürlich können wir nicht wissen, was passieren wird und müssen mit der Unsicherheit leben. Aber wenn wir an die Möglichkeiten denken, die ich aufzeige, sollten wir ein bisschen Angst empfinden.
11:12 Wir sind in Gefahr, wir alle, und wir sind so entwickelt, dass wir auf Gefahr mit Angst reagieren. So wird eine kraftvolle Reaktion motiviert, die uns im Umgang mit Bedrohungen hilft. Aber dieses Mal ist es kein Tiger im Höhleneingang. Die Gefahr steht nicht greifbar auf der Schwelle. Aber wenn Sie hinschauen, können Sie sie auf der Schwelle Ihrer Zivilisation sehen. Daher müssen wir unsere Reaktion jetzt spüren, solange das Licht noch brennt, denn wenn wir warten, bis die Krise zuschlägt, brechen wir vielleicht in Panik aus und verstecken uns. Aber wenn wir es jetzt spüren und durchdenken, dann erkennen wir, dass wir vor nichts Angst haben müssen, außer vor der Angst selbst. Ja, es wird hässlich werden, und ja, es passiert bald – mit Sicherheit in unserer Lebensspanne – aber wir sind mehr als fähig, alles zu überwinden, das auf uns zukommt.
12:04 Sehen Sie, die Leute, die daran glauben, dass Menschen jedes Problem lösen können, dass die Technologie grenzenlos ist, dass Märkte gut sein können, haben nämlich recht. Das einzige, was sie nicht bedenken, ist dass wir eine gute Krise brauchen, um loszulegen. Wenn wir Angst empfinden und Verlust droht, dann können wir ziemlich außergewöhnliche Dinge tun. Denken Sie an Krieg. Nach dem Bombardement von Pearl Harbor brauchte es nur vier Tage, bis die Regierung die Produktion ziviler Fahrzeuge verbot und die Produktion der Automobilindustrie umlenkte, und von dort aus die Nahrung und Energie rationierte. Denken Sie daran, wie eine Firma auf drohenden Bankrott reagiert, und wie eine Änderung, die bis dahin unmöglich schien, jetzt doch geht. Denken Sie an die Reaktion von Individuen auf eine Diagnose mit einer lebensbedrohlichen Krankheit, und wie eine Änderung der Lebensart, die vorher einfach zu schwer war, jetzt plötzlich ziemlich leicht ist.
13:00 Wir sind klug, wir sind sogar ungeheuer faszinierend, aber wir lieben eine gute Krise. Und das Gute ist, die kommende ist ein Hammer. (Lachen) Klar, wenn wir das nicht schaffen, bedeutet das vielleicht das Ende dieser Zivilisation, aber wenn wir es doch schaffen, könnte es den Beginn von Zivilisation verheißen. Und wäre es nicht toll, wenn Sie Ihren Enkeln erzählen können, dass Sie Teil dessen waren?
13:25 Sicherlich steht uns keine technische oder wirtschaftliche Barriere im Weg. Wissenschaftler wie James Hansen erzählen uns, dass wir CO2-Emissionen aus der Wirtschaft eliminieren müssen, innerhalb weniger Jahrzehnte. Ich wollte wissen, was dazu nötig ist, also machte ich mich mit Professor Jorgen Randers aus Norwegen auf die Suche nach einer Antwort. Wir entwickelten einen Plan namens “Der Ein Grad Kriegsplan” – er heißt so wegen dem Level an benötigter Mobilisierung und Fokus. Zu meiner Überraschung ist die Eliminierung von CO2-Emissionen aus der Wirtschaft in nur 20 Jahren ziemlich leicht und ziemlich billig. Nicht sehr billig, aber doch billiger als die Kosten einer kollabierenden Zivilisation. Diese haben wir nicht so genau berechnet, aber wir gehen davon aus, dass sie sehr teuer ist. Die Details können Sie nachlesen, aber zusammenfassend können wir unsere Wirtschaft umwandeln. Wir können es mit existierender Technologie tun. Wir können es zu einem akzeptablen Preis tun. Wir können es mit existierenden politischen Strukturen tun. Einzig und allein müssen wir unser Denken und unser Empfinden verändern. Und hier kommen Sie ins Spiel.
14:28 Wenn wir über die von mir skizzierte Zukunft nachdenken, sollten wir natürlich etwas Angst empfinden. Aber Angst kann entweder lähmen oder motivieren. Wir müssen diese Angst akzeptieren und dann handeln. Wir müssen handeln, als hinge unsere Zukunft davon ab. Wir müssen handeln, als hätten wir nur diesen einen Planeten. Wir können das schaffen. Die Fundamentalisten des freien Markts sagen Ihnen natürlich, dass unsere beste Lösung die von mehr Wachstum, mehr Dingen, und 9 Milliarden Leute beim Einkaufen sei. Sie haben unrecht. Wir können mehr sein, wir können so viel mehr sein. Wir haben beachtliche Dinge erreicht, seitdem wir vor 10.000 Jahren herausfanden, wie man Nahrung anbaut. Wir haben ein stabiles Fundament von Wissenschaft, Wissen und Technologie – mehr als genug, um eine Gesellschaft zu errichten, in der neun Milliarden Leute anständige, bedeutsame und befriedigende Leben führen können. Die Erde kann das unterstützen, wenn wir den richtigen Weg wählen.
15:24 Wir können diesen Moment der Krise nehmen, um große Fragen der gesellschaftlichen Evolution zu stellen und zu beantworten: Etwa, “Was möchten wir werden, wenn wir groß werden, wenn wir diesem unbeholfenen Jugendalter entwachsen, in der wir alles für grenzenlos und uns selbst für unsterblich halten? Es ist an der Zeit, erwachsen zu werden, weiser, ruhiger zu werden, wohlüberlegter. Wie Generationen vor uns werden wir im Krieg aufwachsen – nicht ein Krieg zwischen Zivilisationen, sondern ein Krieg für Zivilisation, für die außergewöhnliche Möglichkeit, eine Gesellschaft zu errichten, die stärker und glücklicher ist und beabsichtigt, bis zur Pensionierung dazubleiben.
16:05 Wir können das Leben statt der Angst wählen. Wir können tun, was wir tun müssen, aber dafür brauchen wir jeden Unternehmer, jeden Künstler, jeden Wissenschaftler, jeden Kommunikator, jede Mutter, jeden Vater, jedes Kind, jeden von uns. Dies könnte unsere beste Stunde sein.
16:26 Danke.
Transcript: Translated by Judith Matz
Reviewed by Brigitte Federi